Wo die verschwundenen Dinge sind
Skulpturale Installationen von Yuni Kim
Die junge koreanische Künstlerin Yuni Kim, die im letzten Jahr mit dem Kunstpreis des Haus am Kleistpark ausgezeichnet wurde, hinterfragt in dieser Einzelausstellung mit ihren skulpturalen Installationen die Verlässlichkeit und Präzision unserer Wahrnehmung.
Was bleibt, wenn Vertrautes verschwindet? Was zeigt sich an einer Leerstelle, einem Schatten, was an dem Ort, „wo die verschwundenen Dinge sind“? Wie verändert Verlorenes die Anschauung von Gesehenem, Erlebtem, Erdachten und wie prägt Erfahrung die Wahrnehmung? Wie präzise lässt sich Erinnerung darstellen und gleichzeitig der Blick für die Gegenwart schärfen?
Leichthändig und poetisch angesichts solch umfassender Fragen zeigen sich die von Yuni Kim für die Galerie im Tempelhof Museum ausgewählten Arbeiten. Mit feiner Präzision und spielerischer Stringenz stellen die Werke die Verlässlichkeit des Augenscheins auf die Probe und öffnen ganz reale Räume zwischen Anwesenheit und Abwesenheit. Allseits vertraute Alltagsgegenstände zeigen sich aus räumlicher und zeitlicher Perspektive, öffnen und füllen Leerstellen und irritieren durch ihr hintersinniges Vexierspiel aus Objekt und Schatten, Schein und Widerschein.
Jedes skulpturale Objekt oder Zeichen birgt nicht zuletzt auch Metaphern für den Menschen, seine Beziehungen, Haltungen und nicht zuletzt für die Begrenztheit von Zeit, Verbindungen und Perspektiven, Leben und Tod. Ob geradlinig, schwankend, real oder gedacht, mit eigenem oder fremdem Schatten in Szene gesetzt: jedes Werk evoziert sein individuelles Echo und einen so räumlichen wie sinnlichen Widerhall.
„Ich versuche stets, flüchtige Momente festzuhalten und zu konservieren, bin mir jedoch gleichzeitig bewusst, dass dies nicht möglich ist“. So formuliert Yuni Kim die Fragestellung, die sich mit jeglicher Vorstellung und Visualisierung von Erinnerung und Erlebtem verbindet und in ihrem Werk ganz augenscheinlich löst.
Fotos © Gerhard Haug