lux fotografen
Jens Liebchen, Wiebke Loeper, Arwed Messmer, Philipp von Recklinghausen, Grit Schwerdtfeger
1995 in Berlin in einer Zeit des Umbruchs gegründet, gibt es „lux fotografen“ in diesem Jahr 20 Jahre. Aus diesem Anlass stellen die Mitglieder des Kollektivs – Fotografinnen und Fotografen aus Ost und West – jeweils eine frühe Arbeit und eine aus jüngerer Zeit aus.
Die „lux fotografen“ eint die künstlerische Methode, das Dokumentarische als Instrument zu nutzen, Fragmente zusammenzufügen, Archive anzulegen oder auszuwerten, Bilder zu finden, zu fotografieren und zu Geschichten zu kombinieren, die sich an der Realität reiben. Die Ausstellung lädt die Besucher_innen zum Betrachten, Kommunizieren und Diskutieren ein.
Grit Schwerdtfeger zeigt die Serie „Land“ (2002), über die ihr Professor Joachim Brohm schrieb, dass sie „das Territorium einer persönlichen Weltsicht [sei], die dem Unspektakulären während eines kurzen Moments des Stillhaltens Prägnanz und Gültigkeit verleiht.“ In dem Projekt „Zehn“ (2010/2015) hat die Künstlerin ein Jahr lang ihren zehnjährigen Sohn fotografisch begleitet. Beinahe jeden Tag entstand ein Portrait – an unterschiedlichen Orten, zu unterschiedlichen Zeiten. Die Serie ist ein Dokument des Wachsens, sich Veränderns. Die Bilder erzählen von Distanz und Nähe, von kleinen Verletzungen, Orten der Vertrautheit und Gefühlen wie Wut, Trauer, Zweifel, Stolz und Wagemut.
Jens Liebchen zeigt mit der Arbeit „Stereotypes of war – a photographic investigation“ (2000) bildnerisch die Mechanismen journalistischer Kriegsdarstellung und ist damit sowohl in der medientheoretischen als auch politischen Diskussion hochaktuell. Die ebenfalls ausgestellte Werkgruppe „Tsukuba–Narita 2011/03/13“ (2011) ist die direkte bildnerische Reaktion auf die beginnende nukleare Katastrophe in Fukushima. Jens Liebchen hat hier eine Bilderserie von vielschichtiger Bedeutung geschaffen, die mit subtiler Wirkung die Eindeutigkeit sichtbarer Zeichen in Fotografien in Frage stellt.
Fotos © Gerhard Haug
Wiebke Loeper hat mit „Lad“ (1996/1997) eine bildnerische Sammlung zum Begriff Heimat angelegt, die von Loepers Kindheitsorten in Ost-Berlin ausgeht. Die Fotografie wird hier zum Ersatz des realen Ortes oder Gegenstandes. Die Künstlerin setzt in ihren Arbeiten häufig gefundene Fotos in Relation zu ihrer eigenen fotografischen Arbeit. So auch mit der Serie „Welcome home, Los Angeles“ (2006), in der sie Werbeanzeigen von Immobilienmaklern aus der Los Angeles Times eigene Aufnahmen der entsprechenden Realität gegenüber stellt.
Arwed Messmer zeigt die Werkgruppe „Der Traum vom Reich“ (1992/2008), die als verspätete Antwort auf die Wiedervereinigung entstand. Die ostdeutschen Landschaften, die Arwed Messmer zeigt, waren damals in viel geringerem Maß durch die Nachkriegszeit überformt als die Westdeutschlands. Die Panoramen, die aus jeweils zwei Negativen bestehen und 2008 in einer Überarbeitung digital zusammengeführt wurden, sind für Messmer fiktive Tatorte (gesamt) deutscher Geschichte. Der Künstler stellt auch Motive aus seinem Projekt „Anonyme Mitte Berlin“ (1949/2009) aus, die die digital montierte Fassadenabwicklung des Berliner Stadtschlosses zeigen.
Philipp von Recklinghausen befindet sich in Ausbildung zum Fotografen, als die Öffnung der Mauer Berlin in einen Ausnahmezustand versetzt. Der Schüler wird mit seiner Kamera Teil der großen Veränderung und zeigt eine Auswahl jener Arbeiten in der Serie „Kulturaustausch“ (1989–1998). Der Fotoapparat bleibt weiter täglicher Begleiter: Mit „You are here“ (2010–2015) zeigt Recklinghausen eine Sammlung von Bildern, die von den Erfahrungen im Bosnienkrieg inspiriert, auf unsere Existenz auf diesem Planeten verweisen.